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Eine Power-Point Präsentation (zum anklicken) zum Aufbau der Orgel in Hermannstadt:

Die Orgel aus Hadad (PPT) (15MB)

 


Die Orgel, Königin der Musikinstrumente

Der Kirchturm steht wieder, das Kirchenschiff wurde innen und wird bald auch außen herum (hoffentlich) von Kopf bis Fuß in neuem Glanz erstrahlen. Diese Leistung konnte nur mit Einsatz von viel Herzblut Einiger und natürlich dank Ihrer Spendenbereitschaft erbracht werden.
Aber selbst wenn alles fertig ist und die Kirche in ihrem neuen Gewand erstrahlt, wird ein Platz auf der Empore leer stehen. Richtig, es fehlt ein Hauptdarsteller, dessen Ton die heilige Lithurgie des Gottesdienstes begleitet, der aus keiner Kirche wegzudenken sei.
Ja, es ist die Orgel, die Königin der Musikinstrumente.

Auf die Einzelheiten, die dazu geführt hatten, dass die Orgel aus unserer Kirche aus/abgebaut wurde, um sie vor dem Einsturz der Mauern zu retten und um sie dann gesichert lagern zu können, wollte ich hier nicht näher eingehen. Darüber wurde und wird noch zur Genüge geschrieben. Sicher ist, dass sie nicht mehr an ihrer alten Wirkungsstätte, in der Kirche zu Kriegsdorf, aufgebaut wird. Wir werden sie nicht wieder bekommen. Ein ungewohnter Anblick, eine Kirche ohne Orgel, ein Bild, welches sehr schwer zu ertragen sein wird. Dieser Meinung sind sehr viele Kriegsdorfer, verständlich ist das allemal. Sie wird dennoch fiktiv auf der Empore, (ich nenne diesen Platz die Ehrenloge), in unserer Kirche und natürlich tief in unserem Herzen einen/ihren besonderen Platz einnehmen.


Zum Muttertag, dem 08.05.2011 wurde sie in der Johanniskirche zu Hermannstadt eingeweiht und der dortigen Gemeinde zur Ausübung ihrer Dienste übergeben. Die Einweihungszeremonie führte Bischof Reinhart Guib durch, begleitet von Stadtpfarrer Junesch.
Die Predigt von Herrn Bischof Guib ging auf die Orgel ein. Er sagte: dass es nun endlich soweit sei, in der Johanniskirche eine spielbare Orgel zu haben. Das sei Grund zur Freude und Dankbarkeit für alle, auch weil man erleben dürfe, wie altes neu wird. Und so wie die Orgel an diesem Einweihungstag für alle“transparent“sein werde, sei Gott transparent, gewährt er Einblick in das, was er mit uns vorhat. Und seiner Liebe bediene sich auch einer Königin, der Orgel, um Menschen zusammenzubringen. Und so wie die Menschen habe auch diese Orgel „finstere Täler“erlebt und ihre Rettung sei ein Zeichen dafür, „dass wir auch in diesem Leben das Lob Gottes anstimmen können unter königlichen Klängen“

Die Einladung zur Einweihungsfeier war an die gesamte ehemalige Gemeinde Kriegsdorf adressiert. Wir als HOG hatten die Einladung angenommen, vertreten wurden wir von unserem Vorsitzenden, Georg Erdei und Begleiter, Erich Hotz. Der Vorsitzende hatte in seiner Ansprache bewegende Worte gefunden, er hatte der Hermannstädter Gemeinde vor Augen geführt, was es heißt, des anderen Freude-trotz eigener, klar ausgesprochener Trauer- zu teilen.


Wie sie wissen, gibt es in Siebenbürgen sehr viele, sehr stark ( manchmal sogar bis auf 5-6 Mitglieder) dezimierte, evangelische Gemeinden. Der Drang der Auswanderung hat auch da keinen Halt gemacht. Nun stehen die Kirchen samt Inventar einsam und verlassen da. Die Dagebliebenen, meistens ältere Mitglieder, geben ihr Bestes, aber leider haben sie nicht die Kraft, die alten historischen Kirchenburgen samt Inventar, sprich Orgeln usw. zu pflegen, bzw. zu warten. Die Gemeinden können das jeweilige finanzielle Aufkommen aus eigener Kraft nicht mehr stemmen. Kurz gesagt, man ist auf Hilfe von außerhalb angewiesen. Diese Hilfe darf praktisch, materiell, moralisch gestellt werden. Eine Schweizer Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich für Erhalt und Pflege der Orgeln in Siebenbürgen einzusetzen. Diese ehrenwerte Stiftung erteilt den Siebenbürgern quasi Hilfe zur Selbsthilfe, indem sie junge Siebenbürger, unabhängig der Nationalität, zu Qrgelbauer bzw. -Restaurateure ausbildet. Die Stiftung hat in Honigberg (Siebenbürgen) eine Ausbildungsstätte bzw. Werkstatt für Orgelbauer aufgebaut. Hier werden die Orgeln in kleinster Detailarbeit gewartet bzw. restauriert. Man hat sich hier der Originalgetreue bei der Restauration verschrieben.
Auch die besonders akribischen Restaurierungsarbeiten an der Kriegsdorfer Orgel wurden hier von der in Honigberg ansässigen, neu gegründeten Orgelwerkstatt geleitet und durchgeführt. Die Orgelbauer haben auch bei unserer historischen Orgel die Originalität beibehalten.
Ihr künstlerisches Handwerk beweisen uns die schönen Fotos die hier, auf diesen Seiten, anzuschauen sind.
In Kleinarbeit wurden Pfeifen, Pedale, Spieltisch usw. restauriert bzw. ergänzt. Das Prachtstück wurde in der oben genannten Kirche neu aufgebaut und sie ist hier für Jedermann und insbesondere für Kriegsdorfer zugänglich. Es ist eine Einladung, nehmen Sie sie wahr, wenn Sie mal in Hermannstadt sind, die Königin der Instrumente wartet auf Sie.


Wie vorhin erwähnt, kann auf dieser Heimatseite die kleine Geschichte des Werdeganges der Orgel, vom Abbau in Kriegsdorf bis zum Wiederaufbau in Hermannstadt, anhand einer fotografischen Abhandlung verfolgt werden. Mit einem „Klick“ aufs Abspielen, wird sie sich bei Ihnen melden und eines unserer bekannten Lieder vom Band abspielen. Klicken Sie sich bitte ein.
Die geschichtsträchtige Vergangenheit und die Lebensgeschichte der Kriegsdorfer Orgel lautet in Kurzformat etwa: Erbaut wurde sie um das Jahr 1810?, vom Budapester Orgelbauer Ferdinand Komornik. Sie stand bis etwa 1865 in Temeswar in der alten Synagoge. Dank steigender Mitgliederzahl in der jüdischen Gemeinde zu Temeswar, wurde Mitte des 19.Jh. ein neues Gemeindehaus benötigt und dann auch erbaut. Die Weihe der neuen Synagoge fand am 19.09.1865 statt. Das jüdische Gebetshaus wurde zu einer der größten in Europa, 3000 Gläubige konnten hier ihrem Ritus nachgehen. Unsere Orgel wurde hier in diesen neuen Prachtbau integriert und versah hier weiter ihre Dienste.
Selbst Kaiser Franz Joseph I war, anlässlich seines Besuches in Temeswar am 07.05.1872 in diesem monumentalem Bauwerk, von dieser (später dann unsere), Orgel angetan.

Aber bald musste man in der jüdischen Gemeinde sich Gedanken um eine neue, größere, bombastischere Orgel machen. Die Wirtschaft florierte zu der Zeit, die kleine Orgel entsprach nicht mehr den Vorstellungen der großen jüdischen Gemeinde.
Man schrieb das Jahr 1899; die Donaumonarchie war in voller Blüte. Die Gemeinde zu Hadad profitierte vermutlich auch von der Blütezeit Österreich-Ungarns, gedieh ebenfalls prächtig. Ihre Mitglieder hatten ihre Kirche fertig, es fehlte nur die Orgel. Wie der Kontakt zwischen den beiden Gemeinden zustande kam, ist nicht überliefert. Die Kriegsdorfer Juden hatten aber mit großer Wahrscheinlichkeit geschäftliche Kontakte zu den jüdischen Geschäftsleuten in Temeswar. Es ist vorstellbar, dass die guten nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Juden und unseren Vorfahren in Kriegsdorf, zu diesem Geschäft geführt hatten. Die Orgel wurde in der Synagoge zu Temeswar unter der Leitung des Temeswarer Orgelbauers Leopold Wegenstein abgebaut und dem Platz auf der Hadader Kirchenempore angepasst und dann vor Ort, in der Hadader Kirche, vom Meister wieder aufgebaut. Sie können sich vorstellen dass schon alleine der Transport von Temeswar nach Kriegsdorf, der, in ihre Einzelteile zerlegten Orgel, in der damaligen Zeit eine logistische Herausforderung war. Wie soll man sich dies vorstellen? Es mussten immerhin etwa 350km überwunden werden. Damals gab es keine ausgebauten, geteerten Straßen, Autobahnen, Flugzeuge oder sonstige moderne Transportmittel/-wege. Die Einzelteile wurden höchstwahrscheinlich mit der Eisenbahn befördert. Angeführt war der Zug damals schon (oder noch) von einer stolzen dampfenden Lokomotive der Eisenbahngesellschaft der königlich und kaiserlichen österreichischen Staatsbahnen. Die Orgel wurde irgendwo (Haltebahnhof??) abgeladen. Von da ging es mit Sicherheit mit Ochsen – bzw. Pferdegespann weiter. Eine Plackerei ohne Gleichen, aber das Ergebnis durften und dürfen wir bis heute bewundern.


Dass diese Anschaffung für die kleine evangelische Gemeinde ein finanzieller Kraftakt und die Erfüllung eines Traumes war, steht außer Frage.
Die Grundlagen der Finanzierung konnten nur dank der Einführung des Gedankens der „Genossenschaftlichen Selbsthilfe“, durch die weisen Vordenker Pfarrer Thomas Kosch und Lehrer Friedrich Reschner, einige Jahre davor, gelegt werden. Dies waren zwei Siebenbürger, die damals schon die Vorteile des Systems“Hilfe zur Selbsthilfe“ erkannt und in Kriegsdorf dann auch propagiert und implementiert haben. Am 24. Januar 1892 wurde der Hadader Frauen- und Sparverein gegründet. Dieser Verein kann und muss ab dann als Heilsbringer für die Gemeinde angesehen werden. Wäre da nicht der 1. Weltkrieg ausgebrochen und hätten die damaligen Machthaber nicht die Substanz dem Verein entzogen, sprich die Kassen geplündert so hätte dieser Verein mit Sicherheit noch Einiges und für eine längere Zeit finanziell unterstützen können.
Insgesamt muss man doch feststellen, dass das gesamte Projekt Kirche und der Erwerb des dazugehörigen Inventars eine gewaltige finanzielle Anstrengung für die damalige Gemeinde, außerhalb des Wahrnehmungskreises der großen und reichen siebenbürgisch evangelischen Gemeinschaft, dargestellt hat. Ich bin mir auch sicher, dass es für einzelne Familien mit vielen Entbehrungen verbunden war, denn der Gruppenzwang war damals genauso präsent wie heute.
Bei dieser Gelegenheit nochmals: Hut ab vor und Respekt für die Leistung unserer Vorfahren.
Ich stelle mir aber trotzdem die Frage, ob ein solches Projekt in der Gegenwart durchführbar wäre? Reicher als damals sind wir allemal.
Die Frage ist nur, wie definiert sich heutzutage Reichtum?
Wäre man in der Gegenwart denn auch bereit etwas mehr für die Gemeinschaft - und die Gemeinschaft dann für den Einzelnen - zu tun?
Den Grundstein dafür hat unser gegründeter Verein, Heimatortsgemeinschaft (HOG) Kriegsdorf, gelegt.

Ich grüße Sie und bleiben Sie gesund.
In diesem Sinne
Georg Hotz
Redaktion