Es ist die Sehnsucht nach Identität und nach Gemeinschaft, die wir Siebenbürgendeutsche tief im Herzen tragen und die uns nicht zur Ruhe kommen läßt, wenn wir unter Fremden weilen. Es gehört zu unserem Lebensgefühl, auf etwas Gemeinsames hinzuweisen und sagen zu können: Das sind wir. So sind wir. Das tun wir. Da gehöre ich dazu. Und auch: So etwas tun wir nicht. Aus dieser Abgrenzung vom sozialen Umfeld einerseits und dem Eintauchen in die Gemeinschaft der Gleichen andererseits beziehen wir unsere Kraft und innere Ruhe.
In Siebenbürgen hatten wir die eigene Kirche, die eigenen Schule, die eigenen Bräuche; die haben schon dem Kind gezeigt, wer es ist und zu wem es gehört und haben dem Erwachsenen geholfen, dabei zu bleiben. Wir waren deswegen nie schlechte Staatsbürger: weder in Österreich-Ungarn noch in Rumänien haben wir Integrationswiderstand geleistet, wir haben bloß gefordert, dass andere auf unsere Eigenart Rücksicht nehmen. Wenn das geschah, war es für die Allgemeinheit immer von Vorteil.
Bei vielen Heimatortsgemeinschaften, die schnell nach der Auswanderung gegründet wurden, liegt ein Schleier von Wehmut über allem, was sie tun, weil sie rückwärtsgewandt sind und keine Hoffnung haben. Sie kommen zusammen, feiern, pflegen die Formen alter Bräuche, aber sie sagen: Das waren wir einmal. So war es einmal. Und: Es wird nicht wieder so sein.
Es ist zu wünschen, dass die junge HOG Hadad nicht zu einer solchen Heimweh-HOG wird, weil in Deutschland inzwischen junge Generationen heranwachsen, die den Entwurzelungsschmerz nicht kennen, wohl aber das Verlangen nach Identität und Gemeinschaft. Diese jungen Leute wollen wir nicht unnötig mit unseren Verlusterfahrungen belasten, sondern wollen ihnen auf eben unsere Art einen Lebensraum schaffen, von dem sie mit Begeisterung sagen können: Da gehöre ich dazu. Das sind wir. So sind wir. Dazu braucht es aber vor allem Zukunftsorientierung und Hoffnung. Wie kann das geschehen?
Laßt es mich in einem Bild ausdrücken: So wie ein weites Ährenmeer, das des Menschen Auge erfreut, sich auf eine Wagenladung von Weizenkörnern reduzieren läßt, so lassen sich auch alle unsere Bräuche und Gepflogenheiten, all das, was man Alltagskultur nennt, zurückführen auf das Evangelium unseres Heilandes Jesus Christus. Unser ganzes Leben in Siebenbürgen war bestimmt und geformt vom christlichen Glauben und seinen Werten. Diese aber sind nicht ortsgebunden, sondern keimen, wenn sie in die jungen Herzen ausgestreut werden, überall und bringen die gleichen Früchte. Das bedeutet Zukunft haben, Hoffnung haben und Freude.
So erbitte ich für diese Zusammenkunft die Anwesenheit des Heiligen Geistes, der Sie, liebe Hadader, auf dem Weg leiten möge, der zum wahren Leben führt, den unsere Vorfahren schon gegangen sind und den ich gerne bereit bin, mit Ihnen zusammen zu gehen. Der Weg der Nachfolge Jesu ist der einzige, auf dem alle Platz haben, der niemanden ausschließt und der auch niemanden enttäuschen wird. Auf ihm werden wir über alle Grenzen und Unterschiede hinweg zusammenfinden und zusammen bleiben können.